HILDE DOMIN
Wir werden eingetaucht
und mit dem Wasser der Sintflut gewaschen,
wir werden durchnäßt bis auf die Herzhaut.
Der Wunsch nach der Landschaft diesseits der Tränengrenze
taugt nicht,
der Wunsch, den Blütenfrühling zu halten,
der Wunsch, verschont zu bleiben,
taugt nicht.
Es taugt die Bitte,
daß bei Sonnenaufgang die Taube den Zweig vom Ölbaum bringe,
daß die Frucht so bunt wie die Blüte sei,
daß noch die Blätter der Rose am Boden eine leuchtende Krone bilden,
und daß wir aus der Flut,
daß wir aus der Löwengrube
und dem feurigen Ofen
immer versehrter
und immer heiler
stets von neuem
zu uns selbst
entlassen werden.
Ich war letzte Woche auf einem Schweigeretreat, nicht in Stille sondern
ohne Sprache - miteinander in Kontakt zu kommen - non verbal.
Viele alte Wunden wurden berührt, viel Heilung ist geschehen.
Wir haben für einander getrommelt, gesungen und uns gegenseitig gehalten.
Einander Bezeugt ohne Gedanken "über" den Anderen-
sondern rezeptiv zu schauen,
die Andere wirklich zu sehen, zu verstehen ...
und Mitgefühl zu haben.
Miteinander da sein - im Moment - nicht vorher schon zu wissen was und wie -
sondern im Moment Begegnung entstehen lassen -
im Moment des Begegnens,
da zu sein -
miteinander -
pur.
Es war erstaunlich, gleich im ersten Moment der Stille, wie die Worte von mir abgefallen sind wie eine Maske, ein Muster das ich nicht mehr brauche.
Wenn wir ohne Sprache miteinander da sind, dann ist Authentizität leichter, so viel leichter für mich.
Ich bin wirklich heiler und vor allem purer zu mir "selbst entlassen" worden.
Danke Euch allen die mit mir gereist sind -
in den feurigen Ofen des alchemistischen Feuers.
Comments